Ich liebe amerikanische Fachliteratur. Denn
- oftmals richten sich amerikanische Autoren direkt an die Leserin und den Leser, diese Kontaktaufnahme find ich gut
- mir gefällt das darin recht häufig anzutreffende Out-of-the-box-Denken
- ich mag den mit vielen Geschichten gespickten Schreibstil
- ich liebe die gern darin platzierten, auf sofortige Umsetzung gemünzten Handlungsanleitungen und Denkanstöße
- ich halte mein Englisch und Fachwissen up to date.
Genau ein Hinweis
Das alles bot mir Joey Coleman in seinem neuen Buch Never lose a customer again. Im Magazin Harvard Business Review war ich darauf aufmerksam geworden.
Mit großer Erwartung hatte ich das dicke Buch dann aufgeschlagen. Die ersten 100 Seiten arbeitete ich es gewissenhaft mit Papier und Stift durch, die Handlungsaufforderungen setzte ich sofort um.
Dennoch fand ich nur einen für mich substanziellen Hinweis bei der Lektüre. Deshalb las ich die restlichen 235 Seiten nur noch quer und latent gequält.
Gefühle für die Bindung
Was war Inhalt von Colemans wenn auch nur einem, dafür dann aber grandiosem Hinweis?
Coleman verdeutlichte mir noch einmal, wie entscheidend Gefühle für die Bindung von Kunden sind.
Den Begriff Kunde übersetze ich fürs Fundraising stets mit Spender, ein Unternehmen ist in der Welt der Nonprofits die Organisation.
Nach Coleman ist es entscheidend, jeden Kontaktpunkt des Kunden mit dem Unternehmen von Anfang an emotional packend zu inszenieren. Das kann per E-Mail, Anruf, Brief, YouTube-Clip, Sendung oder In-Person geschehen.
Diese Ermutigung tat mir gut. Gern nehme ich sie mir zu Herzen, denn ich kenne meine Noch-Schwäche, zu schnell ins Abstrakt-Akademische abzugleiten.
Sonst Altbekanntes und Kritisches
Doch darüber hinaus fand ich nichts wirklich Spannendes für mich in dem Buch. So ruft Coleman zum Beispiel immer wieder zur Multi-Channel-Kommunikation auf; ich lebe sie seit Jahren Tag für Tag in meinem Arbeitsvollzug.
Seine wiederholten Tipps von Newsletter-Ketten betrachte ich auf dem Hintergrund unserer Datenschutzgrundverordnung in Deutschland eher kritisch. Hier bleibe ich zurückhaltend.
Die Geschichten, die Coleman erzählt, stammen aus sehr unterschiedlichen Kontexten. Für mein Verständnis sind sie zu zufällig zusammen gestellt, einen durchgängigen Case of Proof vermisse ich.
Fazit mit 2 x Dank
Im Fazit bleibt für mich das Buch dürftig. Flach.
Trotzdem danke ich Coleman zwei Mal. Einmal für das Drängen auf Emotionalität und einmal für die Sensibilisierung für Seth Godin genau jetzt. Von Seth Godin habe ich bereits drei Bücher gelesen, sein neues liegt nun in meiner Hand: This is marketing.
Darin formuliert Godin den Anspruch, Marketing grundlegend anders aufzusetzen. Er will mit Marketing die Welt verbessern. Dazu soll Marketing zwar weiter das Wachstum eines Projekts antreiben, gleichzeitig aber als Novum den Menschen dienen, um die wir uns im Marketing jeweils kümmern.
Auf die Lektüre bin ich sehr neugierig!